Operation gelungen? RockTimes (Jogi) sprach mit Leadsänger Geoff Tate über Vergangenes und die Gegenwart eines musikalischen Rachefeldzuges. Aber lest selbst....
RockTimes: Hi Geoff, herzlichen Dank, dass Du Dir für das deutsche Online-Magazin RockTimes Zeit nimmst.
Geoff: Ich danke ebenfalls.
RockTimes:Wie geht es Dir und der Band, nach dem Ihr nun das lang erwartete Nachfolgealbum von "OM I" auf den Markt gebracht habt? Wie sind die ersten Reaktionen, die Euch bisher erreichten?
Geoff: Wir sind sehr stolz auf diese Aufnahme. Ich denke, dass dieses Album mit der Zeit als einer der musikalischen Höhepunkte in unserer Karriere berücksichtigt werden wird.
RockTimes: Ich denke, es ist klar, dass OM II immer wieder mit dem 88er-Release verglichen werden wird. Ist es Euch schwer gefallen, einen ähnlichen Sound wie auf "OM I" noch mal einzuspielen? Oder habt Ihr ganz bewusst versucht, an einigen Stellen anders zu klingen?
Geoff: Wir wollten einfach die Story erzählen. Das ist der Abschluss und so machte es Sinn, die Story in einer ähnlichen Soundkulisse zu erzählen. Sicher sind mittlerweile 18 Jahre vergangen, aber wir wollten, dass die Story auch in einen modernen Kontext passt - und ich denke dem ist so.
RockTimes: Es handelt sich ja wieder um ein Konzeptalbum, in dem Ihr die Geschichte um den mysteriösen 'Dr. X' weiter erzählt. Nach über 20 Jahren kommt 'Nikki' aus dem Gefängnis und will nun mit 'Dr. X' abrechnen. Ist die Geschichte nun endgültig zu Ende?
Geoff: Es ist wirklich eine Studie über Rache.
Was wärst, Du nachdem Du zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt wurdest?
Was würdest Du tun? Ich würde jeden Aspekt meines Lebens analysieren.
Ich würde jede gemachte Bewegung hinterfragen um herauszufinden, wie ich an den Punkt gelangt bin, an dem ich jetzt bin.
Ich würde sehr viel darüber nachdenken, wie ich es dem dafür verantwortlichen Mann zurückzahlen könnte.
Mein Gedanke war, dass Rache ein sehr starkes menschliches Gefühl ist und wäre es nicht interessant, dies herauszufinden?
Und so handelt die Scheibe viel über Rache, was dies bedeutet, was jemandem passiert, der an einer solch tiefgehenden Rache teilnimmt und dann die moralische Frage: Was lernst Du daraus, wenn es vorbei ist? Was geschieht dabei in Dir selbst?
RockTimes: Ronnie James Dio singt die Rolle des 'Dr. X' und mit ihm einer der charismatischsten Sänger im Rock-Business. Viele Fans sind natürlich über die Art und Weise des Songs mit Ronnie überrascht. Eher 'Dio-untypisch'. Ist es Ronnie schwer gefallen, sich in die Stimmungen des Konzeptes von Queensryche zu versetzen? Warum ist die Auswahl bei der Besetzung des 'Dr. X' gerade auf Ronnie gefallen?
Geoff: Einfach ein Geistesblitz. Nachdem der Song "The Chase" geschrieben war, mußte ich die andere Stimme finden, die unheimliche Stimme von Doctor X. Ronnies Stimme kam mir in den Sinn, denn er war immer eines meiner Vorbilder in Sachen Gesang, und ich habe mit ihm in den vergangenen Jahren ein paar Mal in verschiedenen Bereichen zusammengearbeitet, meistens auf Tour. Abgesehen von seinem Legendenstatus ist er eine unglaubliche Person - genau die Art Person, die Du um Dich haben möchtest, wenn Du ein Projekt wie dieses durchziehst, denn er bringt jede Menge positive Energie ein. Ich bin sehr froh über seine Zusage. Er war sehr interessiert, kam zum Aufnehmen nach San Fransisco und wir verbrachten einen wundervollen Tag mit der Studioarbeit. Er ist einfach ein phänomenaler Sänger.
RockTimes: Ihr habt das neue Album mit Jason Slater produziert. Es hätte sich doch angeboten, den Produzenten von "OM I" auch für das Nachfolgealbum herzunehmen. Gibt es für den Wechsel einen bestimmten Grund? Worin liegen die Unterschiede beim Produzieren zwischen damals und heute?
Geoff: Die Idee hinsichtlich des "OM I"-Produktionsteams war im Gespräch, aber wir alle fühlten, dass wir an diesem Punkt unserer Karriere die Projekte selbst umsetzen können. Zudem war die beabsichtigte Art des Songwriting und der Aufnahmen sehr unterschiedlich im Vergleich zur Arbeitsweise des "OM I"-Teams. Das war damals ein 18-Stunden-Tag, eine 4 Monate lange Writing-Session, auf die eine 14 Monate lange Aufnahmezeit im Studio folgte. Slater war der einzige, der 'verrückt' genug war den Job zu nehmen.
Die Aufnahmetechnik hat sich seit 1988 derart verändert, dass kaum noch irgendwelche Ähnlichkeiten vorhanden sind. Technisch gesehen komponieren und nehmen wir die Musik auf Laptops in Flughäfen, Hotelzimmern, backstage an Veranstaltungsorten und überall, wo man es sich nur vorstellen kann auf. Es ist so wundervoll unkompliziert, denn man kann immer dann arbeiten, wenn man gerade eine Idee hat. Das war 1988 nicht möglich. Zu dieser Zeit musste man als Band oder Künstler ein sehr teures Studio für 3-4 Monate reservieren und für Aufnahmen pro Tag Tausende von Dollars bezahlen.
RockTimes: Wer von der Band zeichnet sich in der Hauptsache für die Ideen aus? Wie habt Ihr Euch das Songwriting auf der einen und das Schreiben der Lyrics auf der anderen Seite aufgeteilt?
Geoff: Die Texte und die Story waren immer in meiner Verantwortung...und wirklich meine Leidenschaft. Wir alle tragen musikalische Ideen, Teile, Stückchen, Stücke bei und wenn das Projekt wächst, dann ergibt sich der Sinn wo man bestimmte Dinge platziert.
RockTimes: Ihr habt mit "I`m American" das passende Video veröffentlicht. Gleichzeitig seid Ihr gerade mit Euren Texten stets sehr kritisch mit der amerikanischen Gesellschaftspolitik. Wollt Ihr mit dem Album auch dazu anregen, dass sich die Fans wieder mehr politisch austauschen? Seht Ihr die politische Entwicklung in Amerika mit Sorge?
Geoff: Weißt Du, MINDCRIME ist eine ganz spezielle Sache. Es ist eine Story in die Leute hineingezogen werden und wie alle guten Geschichten bewegt sie Dich irgendwie. Ich denke die MINDCRIME Story ist eine klassische Geschichte über Menschlichkeit. Es ist die Geschichte eines kleinen Kerls, des Habens und des Nicht-Habens. Ich denke die Geschichte schlägt eine Brücke für Menschen, denn es ist das, was einen im Leben erwartet; Du wächst auf als idealistischer Zwanzigjähriger und an einem bestimmten Punkt merkst Du - Hey, die Welt ist gar nicht schwarz oder weiß, so wie man es uns als Kinder gelehrt hat.
Regeln treffen nur auf Leute zu, die an den Regeln kleben und die Reichen und Mächtigen schreiben ihre eigene Eintrittskarte und so können sie es sich leisten, sich alles zu erlauben. So ist es die Geschichte unseres Lebens, unseres Landes, es ist die Geschichte, die wir jeden Tag in den Nachrichten sehen. Große Firmeninsolvenzen, die einfach unter den Teppich gekehrt werden und wir, die Regierung, müssen das alles am Ende bezahlen, während die Kriminellen mit den weißen Kragen grundsätzlich ungeschoren davonkommen. Im Gegensatz dazu muss der Kerl aus der Mittelschicht 18 Jahre im Gefängnis verbringen, wenn er einen Laden ausraubt. Das ist die Realität, in der wir leben, die Millionen Meilen auseinanderklaffende Lücke zwischen den einzelnen Gesellschaftsschichten.
RockTimes: Chris De Garmo gehört nicht mehr zu Queensryche. Habt Ihr noch Kontakt zu ihm? Wie steht er zu "OM II"? War er irgendwie doch in "OM II" involviert oder ist das Thema Chris und Queensryche endgültig erledigt?
Geoff: Yeah, mit Chris ist alles in bester Ordnung. Weißt Du, er machte in seinem Leben eine Phase durch, in der sich die Prioritäten verändert haben und aus einem bestimmten Grund, den ich nicht verstehe, wollte er etwas ganz anderes mit seinem Leben machen. Jetzt macht er dies, er ist glücklich und wir alle haben uns angepasst. Ich stecke nicht in seinen Schuhen und ich versuche das nicht zu verurteilen aber ich denke wenn Du ein Musiker bist, dann bist Du das für Dein ganzes Leben. Ich bin nicht mit seiner Sichtweise einverstanden und er nicht mit meiner, so einigen wir uns, uneinig zu sein. Wir haben alle gefühlt, dass ein Projekt wie dieses von jedem eine starke Einbindung, Hingabe für Stunden unregelmäßiger Aufnahmezeiten sowie eine sehr lange Tour erfordert. Chris war nicht dazu in der Lage irgendetwas davon zu tun, so wie er nicht der Lage ist, sich voll für Queensryche hinzugeben.
RockTimes: Wie sehen Eure Live-Pläne aus? Wird es wieder eine Welttournee geben und können wir in Deutschland auch damit rechnen, dass Queensryche bei uns auftritt?
Geoff: Wir haben die Bühnenshow für die Tour designed und wir planen, "OMC I" und "OMC II" zusammen zu präsentieren, als 'Ein Abend mit Queensryche'. Es hat Spaß gemacht, mit den Bühnen- und Kostümdesignern zu arbeiten, Zeichnungen wurden weggeschickt und all das - es hat wirklich Spaß gemacht. Touren außerhalb Nordamerikas sind eine Herausforderung für uns und wir werden die Produktion ein wenig zurückfahren, aber glücklicherweise hat das Album weltweit Interesse entfacht, so dass wir in ein paar Städten spielen werden, wo wir dies zuvor nie taten. Wir sind sehr gespannt darauf.
RockTimes: Wird das Konzept "Die Geschichte von Nikki und Dr. X" auf der Bühne in irgendeiner Art und Weise umgesetzt? Gibt es für uns Überraschungen, die Du uns schon jetzt verraten kannst? Ist Ronnie bei einigen Auftritten dabei?
Geoff: Die Bühnenshow ist eigentlich von der Präsentation her gesehen einzigartig wie eine Oper, oder eine Musical-Produktion. Gemeinsam mit der Band werden Schauspieler die verschiedenen Charaktere der Story darstellen. Ich interagiere mit diesen Charakteren während der gesamten Show und die Show erzählt uns die Geschichte von 'Nikki', einem jungen Mann, der eine Gehirnwäsche durchgemacht hat, der in eine Gruppe von Terroristen hinein gerät und als Attentäter programmiert wird.
RockTimes: Ich finde es toll, dass gerade so gestandene Musiker mit so viel Erfahrung noch mal das Risiko eingegangen sind, ein so schweres Erbe von "OM I" einzugehen. Dafür meinen Respekt! Wie sind Eure eigenen Gefühle zu "OM I" und "OM II"? Wo seht Ihr die Unterschiede und wo die Gemeinsamkeiten der beiden Alben?
Geoff: Danke. Ich persönlich liebe beide Alben. Sie erzählen eine Geschichte, aber nicht nur die Geschichte der Darsteller, sondern auch die musikalische Geschichte der Band. Als Zuhörer, denke ich, kann man die Tiefe und den Bereich der Männer sehen, die musikalisch angeschoben haben. Erkundend und unerschrocken in ihre Kunst reichend, kompromisslos und definierend, was Metal ist.
Es ist das menschliche Naturell, sich gegenseitig zu beherrschen und die Geschichte von "Operation: Mindcrime" ist eine Geschichte über Herrschaft. Der Konflikt besteht zwischen 'Dr. X' - der selbstverständlich der reiche, machtvolle und gebildete Kerl ist - und 'Nikki', der keine Bildung besitzt, aus ungeordneten Verhältnissen stammt und in seiner Vergangenheit die Drogenabhängigkeit hat. Es ist eine ausgefallene Geschichte über Gewalt, verräterischen Opportunismus, Lust, Gier und Mord. "OMCI" beginnt mit der Story und stellt die Charaktere 'Nikki', 'Dr. X', 'Father William' und 'Sister Mary' vor. "OMC II" beginnt mit 'Nikki', der aus dem Gefängnis entlassen wird und seine Menschenjagd nach 'Dr. X' beginnt.
RockTimes: Was können wir zukünftig von Queensryche erwarten? Bekommt die Band jetzt noch mal einen Schub, dass wir auch weitere Alben erwarten können? Und falls ja: Habt Ihr Euch wieder stilistisch gefunden und festgelegt?
Geoff: Oh, ich habe keine Idee, was als nächstes kommt. Vielleicht ein Walzer...
RockTimes: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich wünsche Dir und der Band weiterhin alles Gute. Es hat mir, gerade auch als Fan, Spaß gemacht, mich mit Dir über die neue Platte auszutauschen. Gibt es noch etwas, was Du an die deutschen Fans ausrichten möchtest??
Geoff: Ja. Vielen Dank an unsere Fans, die uns seit Jahren hören. Wir können es kaum abwarten, unser neues Album für Euch live zu spielen.
RockTimes: Lieber Geoff, herzlichen Dank für das Interview und wir hoffen auf ein Wiedersehen auf der Tour in Deutschland.
Schon jetzt sind wir auf das, was passieren wird, sehr gespannt. Keep on rockin'
Unser Dank geht an Sebastian von 'CMM', der das Interview in die Wege geleitet hat..
Gruß Jogi
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