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bluesmaniac Offline

Great Champ



Beiträge: 952

14.04.2007 08:57
Gil Scott-Heron-The Paris Concert (DVD) Antworten
Gil Scott-Heron - The Paris Concert (DVD)

R&B/Jazz



in-akustik, 2007

9/10

Hallo zusammen,

Kult-Status hat der am 1. April 1949 in Chicago geborene amerikanische Sänger, Komponist, Keyboarder, Buchautor und Poet Gil Scott-Heron schon lange.
Als 21-jähriger debütierte er 1970 mit der Live-Platte “Small Talk At 125th And Lenox “. Es folgten 14 weitere hervorragende Alben und unzählige Sampler, auf denen sein Name steht.
Außer “Black Wax“, einer GSH-Dokumentation von Robert Mugge, in der auch Konzertaufnahmen enthalten sind, gab es bisher kein Konzert in bewegten Bildern.
So geht ein Dank an das Label in-akustik, das mit “The Paris Concert“ die erste Live-DVD des Musikers, aufgenommen am 23. Juli 2001, veröffentlicht.

Mit Songs wie “The Revolution Will Not Be Televised“, “Re-Ron“ oder “B-Movie“, die an Aktualität nichts eingebüßt haben, machte sich Scott-Heron einen Namen als Querdenker und Protestler. Nichtsdestotrotz hat er darüber hinaus nie die schönen Seiten des Lebens aus den Augenwinkeln verloren.
GSH war einer der ersten Vertreter des ’spoken word’ in seinen Songs und sollte damit der Wegbereiter für den Rap und Hip-Hop gewesen sein.

Unterwegs mit seinem seit geraumer Zeit, in verschienenden Line-ups existenten, Amnesia Express (welch ein Name für eine Begleitband), ist “The Paris Concert“ ein Streichzug durch seine sehr wohl bekannten Klassiker, ergänzt durch einige von ihm eher selten gehörten Songs, wie z.B. “95 South (All Of The Places We’ve Been)“ oder “Everybody Loves The Sunshine“. “Work For Peace“ ist ein Track seines letzten Studioalbums “Spirits“ (1994).
Ein Schlagzeuger wird nicht im Geringsten vermisst. Larry McDonald und Tony Ducanson ’übernehmen’ diesen Part an Timbales und Kongas hervorragend.

Am Sound und der Qualität der Aufnahmen gibt es nicht, aber auch gar nichts zu kritisieren.
Die DVD wird zu einem echten Genuss, denn gewagte abrupte Bildschnitte sind echte Mangelware. Vielmehr glänzt der Silberling durch klassische Überblendungen.
An seinem Rhodes-Keyboard sitzend beginnt Scott-Heron das Konzert im gemütlichen Pariser Club New Morning solo mit “Blue Collar“ und “A Lovely Day“, einem Song des Albums “From South Africa To South Carolina“ aus dem Jahr 1976, einer Zeit in der GSH zusammen mit seinem musikalischen Teamplayer Brian Jackson Platten veröffentlichte.

Beginnt der Gig eher ruhig, geht es dann, gemeinsam mit dem Amnesia Express, auf einen unterhaltsamen Weg die lange Groove-Alley entlag.
Dann “Three Miles Down“ mit einem ersten Solo des Saxofonisten, gefolgt vom Meister des Tieftöners, Rob Gordon, der sich im Laufe des Konzertes des Öfteren brillant in Szene setzten kann.
Scott-Heron muss das Publikum nicht bitten, denn diese relaxten Rhythmen gehen in Füße und Hände…

In seiner unnachahmlichen Art eröffnet er fast jeden Song mit einer vom Keyboard untermalten Ansage. So auch im bereits erwähnten Track “Work For Peace“.
Live erhalten seine Lieder z.T. erhebliche Längen, oder anders ausgedrückt: Die Musiker bekommen Freiräume zur improvisatorischen Entfaltung.

Anfänglich lebt “Angel Dust“ ausschließlich von Gils Gesang, Rob Gordons Bass und der Interaktion mit dem Publikum. Das ist Musik aus dem Stehgreif! Der Mann am Holzblasinstrument ’mischt sich ein’. Den Zuschauern und dem Sänger mit der sonoren Stimme bereitet es sichtlichen Spaß, gesanglich miteinander zu kommunizieren, bis Gordon wieder einmal zu überwältigenden Soli ausholt. Eine derart ’abgehobene’ Version des Songs ist mir bisher noch nicht unter gekommen. Da greift selbst Gil am Ende der 15 Minuten mal zum Handtuch.

“There’s A War Going On“ versehen Tony Ducanson und Larry McDonald mit einem groovenden Sambarhythmus und darüber ergießt sich ein virtuoses Saxofonsolo. Häufig gönnt man uns Kameraeinstellungen in der Totalen, sodass man das Treiben auf der gesamten Bühne mitverfolgen kann.
Zur Halbzeit des Konzertes sei uns mit dem balladesken “Did You Hear What They Said“ eine kleine Pause gegönnt.

Eines der zentralen Alben, die in keiner Sammlung fehlen dürfen, ist “Winter In America“ aus dem Jahr 1973.
“The Paris Concert“ liefert neben dem Titeltrack noch zwei weitere: “Your Daddy Loves You“, das wie eingangs des Konzertes, alleine von Gil Scott-Heron vorgetragen wird.

“Winter In America“, die Bühne ist in blaues Licht gehüllt, wird zu einer nachdenklichen Ballade, getragen von einem Sopransaxofon- und Basssolo. Der Song bewirkt immer wieder diese bekannte Hautreaktion, bei der sich die Haare erheben.
“95 South (All Of The Places We’ve Been)“ ist ähnlich getragen und der Bürgerrechtsbewegung gewidmet.

Auch wenn sich jemand das folgende Lied gewünscht hat, ist “Johannesburg“, in dem >>freedom ain’t nothing but a word without peace<< hymnenartig wiederholt wird, quasi Pflicht für ein GSH-Konzert. Bei diesem Track bedarf es dann wirklich keiner Ansage und er ist ein Aufgalopp für ein furioses Finale in Form von einem weiteren Markenzeichen des Meisters: “The Bottle“, das die “Winter In America“-Trilogie mit satten 22 Minuten vervollständigt.
Bevor es losgeht, bedankt er sich abermals mit Recht bei seinem Amnesia Express. Wurde vorher schon gefeiert, entwickelt sich der Song zur Party der Musiker auf der Bühne, des Publikums und alle sind wieder in die Groove-Alley eingebogen. Unterstützend kommen tolle Lichteffekte hinzu. Gil klatscht mit den Zuschauern im Rhythmus, die Kongas heizen höllisch ein und Rob Gordon spielt ein weiteres Basssolo, das nicht von dieser Welt ist.
Der Staffelstab geht weiter an das Rhythmusduo, die zunächst gemeinsam für Stimmung sorgen. McDonald gönnt den Trommelstöcken während seines Solos auch eine Pause und spielt seine Timbales mit den Handflächen. Spaß pur!
Tony Ducanson bearbeitet die Felle seiner drei Kongas vehement und kurzerhand übernimmt GSH seinen Part. Diese 22 Minuten sind, wie das gesamte Konzert so abwechslungsreich, dass die 2 Stunden fast wie im Fluge vergehen.

Endlich wieder ein Lebenszeichen des ’Master of Groove’, und was für eins!
Diese mit Höhepunkten gespickte, vom Menü her leicht zu navigierende DVD bedarf keiner weiteren Features.
Warum ist es in den letzten Jahren nur sooo ruhig um Gil Scott-Heron geworden?
Man liest, dass er im Jahr dieses Konzertmitschnittes zum wiederholten Male wegen Drogen im Gefängnis einsaß.
Mensch, Mensch, es darf nicht wahr sein!



Line-up:
Gil Scott-Heron (vocals, keyboards, congas - #13)
Rob Gordon (bass)
Tony Ducanson (conga, percussion)
Larry McDonald (timbales)
Jean-Claude Yoka (saxophones)


Tracklist:
01:Blue Collar (4:55)
02:A Lovely Day (3:00)
03:Three Miles Down (11:28)
04:Work For Peace (10:06)
05:Angel Dust (14:45)
06:There’s A War Going On (10:55)
07:Did You Hear What They Said (7:50)
08:Your Daddy Loves You (3:10)
09:Everybody Loves The Sunshine (6:22)
10:Winter In America (9:47)
11:95 South (All Of The Places We’ve Been) (6:49)
12:Johannesburg (8:25)
13:The Bottle (21:51)

Spieldauer: ca. 120 Minuten

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