Central Park - Live - The Unexpected Concert (DVD) Prog-Rock, Melodic Rock
2007 Transformer Records 8/10
Siebzehn Jahre hatte es gedauert, bis Central Park endlich und vollkommen unexpected ihr Album auf den Markt brachten. Fünf Jungs und inzwischen auch ein Mädel, die durch und durch professionell veranlagt sind, ihre Instrumente beherrschen und dazu auch noch über ein Umfeld verfügen, nach dem sich andere Musiker sicherlich die Finger schlecken würden. Nun, was ist damit gemeint? Tastenmann Jochen Scheffter und Schlagzeuger Artur Silber betreiben hauptverantwortlich die legendären DownTown-Studios in München, so dass eigenständiges Aufnehmen und Produzieren schon mal in den eigenen Händen liegt. Dazu eine hausinterne Promotion mit offensichtlich sensationellen Kontakten und natürlich ein eigenes Label. Dann gesellt sich eine Menge an Erfahrung und offensichtlich der unbedingte Wille dazu, mit dem eigenen Songmaterial endlich das zu erreichen, was damals, im Jahr 1989, aus internen Gründen versagt blieb.
Jetzt ist es gerade mal ein Jahr her, dass die erste Scheibe der inzwischen altgedienten Prog-Rocker zu haben ist, ruckzuck ging es im Anschluss auf relativ große Bühnen, wofür andere ordentlich Schweiß lassen müssten, und das Selbstbewusstsein reicht soweit, dass wir prompt eine Live-DVD in den Händen halten können. Dieser Auftritt wurde am 13.01.07 in der Metropolis Music Hall in München im Rahmen der 1. Münchner Prognacht aufgezeichnet. Für die Bildaufnahmen zeichnet Wolfgang Kerinnes (Dreamscape) mit seiner gegründeten Firma Silverwolf-Productions verantwortlich. Das haben sie gut gemacht, denn hier wirkt nichts irgendwie hektisch, sondern alles weitestgehend aufgeräumt und übersichtlich. Zur Prognacht selbst bleibt die Feststellung, dass an diesem Abend drei Münchener Bands mit Vergangenheit auftraten, von denen die Formation Engel Wider Willen den Anfang machte. Es folgten Central Park, bevor zum Abschluss die Wüstensöhne von Sahara die Bühne betraten. So viel dazu, konzentrieren wir uns jedoch auf den vorliegenden Gig von Central Park.
Bevor es richtig los geht, wird die Show von Guy Fränkel von der Rockantenne anmoderiert. Der Vorhang ist noch nicht ganz geöffnet, da hören wir das Intro zum bombastisch veranlagten "Face The Space". Das erste, was wir visuell richtig wahrnehmen, ist der Schlag von Artur Silber auf den Gong hinter dem beeindruckenden und acrylfarbenen Schlagzeug. Da wir einen großen Teil der gespielten Songs bereits im Rahmen der Albumbesprechung abgehandelt haben, möchte ich mich nur auf das Notwendigste und am Auffälligsten beziehen.
Insbesondere live merkt man beim Opener, wie sehr die Formation es versteht, anspruchsvolle und progressive Einheiten mit melodischen Rockattitüden zu verbinden. Umso mehr rockt das Stück von vorne bis hinten weg und zeigt von Beginn an, wo der Hammer hängt. Central Park bieten allerdings auch Musik zum Hören. Das spürt man bei "Witness Of Today" ganz deutlich, obwohl sich auch dieser Song im weiteren Verlauf recht rockig entwickelt. Die radiotauglichen und zugleich imposanten Einlagen in "She's In The Case" lassen in mir immer wieder den stilistischen Begriff des 'Hard Prog' aufkeimen, so wie es auf der alten Website der Gruppe richtigerweise stand. Die Band ist viel zu lange im Geschäft, als dass sie nicht weiß, dass es ohne einen Schuss Kommerz nicht geht. So manche Formation ist schon in anspruchsvoller und musikalischer Schönheit gestorben und spielt deswegen wahrscheinlich auch in fast leeren Konzertsälen. Leider! Ich bin mir sicher, dass die Münchener dies zu verhindern wissen, zumal das Geschäft immer schwieriger wird und wir insbesondere im Prog-Bereich geradezu mit Neuerscheinungen überschüttet werden. Alles gut und schön, aber die Stärke liegt für mich ganz klar in der Fähigkeit, in die Musik gefällige und eingehende Melodien so zu implementieren, dass ein breites Publikum sich angesprochen fühlt. Voilà, dass ist hier der Fall!
Der Übergang in das AOR-lastige "Desert Angels" wird recht fulminant zelebriert, bevor hier eine erste richtige Änderung im Vergleich zum Studio-Set zu hören ist. Das Stück "Mr. President", damals wie heute politisch aktuell, gab es schon vor der ersten Bandauflösung in einer Long-Version. Diese beinhaltet ein zweistimmiges Gitarrensolo von Hans Ochs und Sänger Heiko Möckel, in dessen weiteren Verlauf die Hammond von Jochen Scheffter klar die Oberhand gewinnt und so die gesamte Truppe der Halle richtig und beeindruckend einheizt.
Und wie sind die Jungs auf der Bühne? Artur Silber im Stile eines Dean Castronovo, immer kraftvoll und exakt im Takt, Scheffter thront hinter dem Piano und seiner Hammond (sehr gut von den Kameras eingefangen) und Bassist York von Wittern dezent und groovig im Hintergrund. Ochs, altes Haus, da muss ich mir erst die DVD in den Player schieben, damit ich Dich zum erste Mal mit Brille sehe. Übrigens, der Gitarrensound gefällt mir einfach nicht. Und dann kann ich mir auch eine weitere Kritik in Richtung von Central Park nicht verkneifen. Möckel verfügt, wie ich meine, über eine überragende und in jeder Situation passende Stimme, doch als Frontmann darf es ein wenig mehr an Performance und Kommunikation sein. Insbesondere in den Pausen gehört doch auch ein wenig Entertainment dazu, oder nicht? Denn so erschiene die Show bei aller musikalischen Leistung noch vielfältiger und spannender, würde der Sänger nicht so ernst und kurz angebunden wirken.
Immerhin bringt das mehrteilige "Don't Look Back" auch eine zusätzliche Augenweide auf die Bühne. Die 23-jährige Cory Godess tritt hier als Gastsängerin auf und hat die Rolle übernommen, die auf dem Studio-Output noch von Dagmar Hellberg eingesungen wurde. Respekt, Gesangsausbildung durch und durch und ein wahrliches Talent, welches die Musik von Central Park nochmals aufwertet. Im Übrigen ist die Lady mit auf Tour, wenn Central Park den Support für die diesjährige Fish-Tour übernehmen.
Mit "Another Million" bekommen wir als Zugabe eine Komposition geboten, ebenfalls von damals, die es aus Platzgründen nicht mehr auf das Album geschafft hatte. Das rockt, das groovt, ist wenig proggy , aber ganz sicher ein anspruchsvoller Ohrwurm. Und die süßlich klingende Ballade "Summer Love" ist ohnehin herzerreißend, so dass man in der gewählten Setlist auch von einer gelungenen Reihenfolge sprechen kann. Wer diese DVD erwirbt, bekommt ca. 68 Minuten Live-Konzert, ohne viel Schnickschnack. Auf einen Bonus wurde verzichtet, welcher in den allermeisten Fällen sowieso von keinem Menschen gebraucht wird, und ich gehe mal davon aus, dass sich dadurch auch der Preis für diesen Silberling im Rahmen halten wird. Für diese ehrliche Darbietung, dabei darf ich anmerken, dass mir aufgefallen ist, wie Jochen Scheffter im letzten Teil zu "Mr. President" einen kleinen Hänger hatte, gibt es aus gutem Grund keine Tipp-Grafik. Die Band spielt klasse Musik, kaschiert nichts und bringt ihre Mucke, so wie sie ist, nämlich mit Herz, in die lauschigen Wohnzimmer. Wer sich von den Qualitäten überzeugen möchte, der kann im Monat November eines der zahlreichen Fish-Konzerte in Deutschland besuchen und sich so gemeinsam mit Central Park aufwärmen.
8 von 10 Punkte für eines der gelungensten Comebacks in der deutschen Prog-Szene, nach wie vor!
Line-up:
Heiko Möckel (vocals) Jochen Scheffter (Hammond B-3, pianos) York Von Wittern (bass) Hans Ochs (guitars) Artur Silber (drums)
Special-Guest:
Cory Godess (lead & backing vocals)
Tracklist:
01:Face The Space 02:Witness Of Today 03:She's In The Case 04:Silent Garden 05:Desert Angels 06:Sleep On Mr. President 07:Don't Look Back a)Transcend b)Blame The Fate c)The Rule d)Descent e)Elegy 08:Another Million 09:Summer Love
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