Vanden Plas veröffentlichen am 31.03.06 bei Inside Out ihr neues Album „Christ 0“. Kurz vor dem Release, hatte ich die Gelegenheit, für das Online-Magazin "Rock Times" mit Andreas Lill, Schlagzeuger von Vanden Plas, ein Gespräch zu führen.
Jogi: Hallo, schön, dass Du Dir Zeit nimmst, denn ich denke, dass jetzt, kurz vor der Veröffentlichung von Eurem neuen Album „Christ 0“, eine Menge Termine abzuarbeiten sind.
„Christ 0“ ist nun, unter den offiziellen Releases, das insgesamt 7. Album (AcCult von 1996 als EP mitgerechnet). Der wirklich sehr gute Vorgänger „Beyond Daylight“ liegt nun 4 Jahre zurück. Warum habt Ihr Euch so viel Zeit gelassen?
Andreas: Da gibt es mehrere Faktoren. Wir hatten in der abgelaufenen Zeit sehr viel neben Vanden Plas zu tun. Da gab es zu einem großen Teil die Theaterarbeit, wir waren an mehreren Musicals beteiligt. Wir sind Profi-Musiker und verdienen durch die verschiedenen Projekte unseren Lebensunterhalt. Das bedeutet aber nicht, dass man nebenbei nicht auch eine Platte mit Vanden Plas aufnehmen kann, und dann kommt auch dazu, dass wir viel live gespielt haben.
Schließlich muss man aber auch sagen, dass man neue progressive Songs nicht einfach aus dem Ärmel schüttelt. Wir sind einfach nicht die Typen, die mal eben ein Lied nach dem anderen runter komponieren. Dafür verantwortlich sind in der Hauptsache der Stephan (Anmerkung: Stephan Lill: Gitarrist von Vanden Plas) und der Günter (Anmerkung: Günter Werno, Keyboarder von Vanden Plas). Und das dauert dann eben, bis man neun oder zehn Songs zusammen hat, die wirklich in die engere Wahl kommen und mit denen wir zufrieden sind. Das sind die Hauptgründe, warum es gut vier Jahre bis zur neuen Platte gedauert hat.
Jogi: Im Grunde genommen war „Beyond Daylight“ doch auch schon nach einem bestimmten Konzept gestrickt, obwohl sicherlich jeder Song für sich auch alleine stehen konnte. Bei „Christ 0“ handelt es sich ja nun ganz offen um ein Konzeptalbum mit dem thematischen Inhalt rund um Alexandre Dumas` seiner Romanfigur „Der Graf von Monte Christo“. Was erwartet den Hörer bzw. den Fan im Vergleich zu „Beyond Daylight“?
Andreas: „Christ 0“ ist auf alle Fälle energiegeladener, sie ist vom Sound her rauer und kräftiger. Es ist aus Sicht des Songwritings ein sehr interessantes Album. Das ganze ist textlich so gehalten, dass die Romanvorlage „Der Graf von Monte Christo“ zwar Pate stand, aber es ist nicht so, dass wir das Buch in 9 oder 10 Kapiteln rezitiert haben. Das Konzept ist eine eigene Geschichte, die lediglich auf der Story von Alexandre Dumas basiert.
Jogi: War die Idee, diese Roman-Story als Vorlage zu nehmen, eine gemeinschaftliche Idee, oder wer zeichnet sich aus der Band dafür hauptverantwortlich?
Andreas: Hm...das ist Nachhinein schwer nachzuvollziehen. Wenn wir mit der Band unterwegs sind, dann sitzen wir oft stundenlang im Bus zusammen und reden miteinander. Später kann es dann eigentlich jeder gewesen sein, der maßgeblich an einer neuen Idee beteiligt war. Diese Sache mit dem „Grafen von Monte Christo“ tauchte auf jeden Fall im Zusammenhang mit dem Theater auf, weil wir glauben, dass diese Geschichte auch eine tolle Musicalvorlage ist. Deshalb entschieden wir uns, diese Story für das neue Album von Vanden Plas zu nehmen. Wenn man die Idee aber an einem Bandmitglied festmachen will, war es sicherlich der Andy (Anmerkung: Andy Kuntz: Sänger von Vanden Plas), der sie hatte.
Jogi: Ihr habt auch Euer letztes Album schon mit Markus Teske zusammen produziert, der ja jede Menge Erfahrung, u.a. von Produktionen mit „Symphony X“ mitbringt.
Zeichnet sich da eine dauerhafte Arbeitsbeziehung zwischen Vanden Plas und Markus Teske ab, und was ist das besondere an der Zusammenarbeit?
Andreas: Markus ist ja als Keyboarder selbst ein hervorragender Musiker und er hat einfach ein Gefühl und ein gutes Ohr für das, was wir wollen. Wir waren auf der Suche nach jemanden, mit dem man sehr gut auskommt, mit dem man beim Arbeiten im Studio eine relaxte Stimmung hat. Mit Markus kann man einfach locker zusammen arbeiten. Er spielt mit Red Circuit in einer Band, die ähnliche Musik wie Vanden Plas produziert, spielte u.a. auch schon mit anderen Formationen, die Prog.-Rock gemacht haben und somit kommt er aus einer ähnlichen Richtung wie wir. Markus ist ein sehr umgänglicher Typ. Er hat die Fähigkeit, unsere Sounds so zu mischen, dass jeder einzelne Musiker von uns sehr zufrieden ist. Das alles macht die Angelegenheit sehr harmonisch und es gibt absolut keine Gründe, warum wir mit jemanden anderes arbeiten sollten. Wir sind mit den Ergebnissen aus dem Studio sehr zufrieden.
Jogi:Ihr habt auf „Christ 0“ jede Menge orchestrale Passagen in Eure Songs eingebaut. Welche „klassischen“ Instrumente werden vorwiegend zu hören sein?
Andreas: Vorwiegend sind es Streicher, die auf dem Album zu hören sind, es gibt dezente Bläsereinlagen, aber vorwiegend sind es klassische Streichinstrumente.
Jogi: Auf dem Album ist auch der Klassikchor Eurer Heimatstadt Kaiserslautern zu hören. So eine Idee ist ja nicht unbedingt neu, aber doch eigentlich eher selten und etwas besonderes. War es einfach, die Mitglieder eines Klassikchores nach Euren Vorstellungen in das beabsichtigte Stimmungsbild einer Prog.-Metal-Platte einzubinden? Hat man dort Eure Klangvorstellungen leicht verstanden? Und wird es Choreinlagen auch live zu bewundern geben?
Andreas: Das war im Grunde genommen überhaupt kein Problem. Die Sängerinnen und Sänger aus dem Chor kennen uns alle schon lange von gemeinsamen Musicalaufführungen. Live wird es den Chor nach derzeitigen Planungen nicht geben. Das wäre sehr aufwendig und ich denke, dass Vanden Plas noch nicht so weit ist. Wenn wir im Rahmen unserer Shows dies einbauen könnten, dann hätten wir es wohl tatsächlich geschafft.
Jogi: Es ist ja bei fast allen Gruppen so, dass man sich im Laufe der Jahre musikalisch weiter entwickelt. Welchen persönlichen Stellenwert hat „Christ 0“ für Euch?
Andreas: Also grundsätzlich ist man ja immer der Meinung, dass das neue und aktuelle Album das beste ist. Für mich persönlich war „Far of Grace“ bisher der Maßstab, da war ich am meisten mit mir persönlich zufrieden. Man lernt ja immer aus allen Fehlern, die man macht. Bei „Christ 0“ haben wir von Anfang an versucht, selbst festgestellte Fehler auszumerzen und vor allen Dingen haben wir auch wieder Dinge gemacht, die wir früher einfach besser gefunden haben. Ich glaube, dass wirklich jeder in der Band mit dem Songwriting auf dem neuen Album zufrieden ist und auch mit der Produktion der einzelnen Sounds. Ich empfinde unser neues Album als sehr „rund“ und ich glaube, dass wir bei „Christ 0“ einfach am wenigsten falsch gemacht haben.
Jogi: Die Fans werden sicherlich darauf warten, dass Ihr ausgiebig auf Tour geht. Meines Wissens sind bisher lediglich vereinzelte Auftritte, u.a. in Weiher, „Music Hall“, und das „Sweden Rock Festival“ fix. Wann werdet Ihr voraussichtlich in Deutschland touren und gibt es schon erste vage Kenntnisse, wer mit Euch ins Package geht?
Andreas: Über eine beabsichtigte Tour im Package wurde bisher überhaupt noch nicht gesprochen. Aber es ist natürlich immer sehr interessant, mit einer Band gemeinsam aufzutreten, die aus demselben Metier kommt. Das ist ja auch immer für die Fans toll. Wir werden jetzt zunächst mal wieder einige Einzel-Gigs spielen und auch einige Festivals mitnehmen. Wir werden voraussichtlich im Herbst einige Shows spielen. Bei einer evtl. Europa-Tour muss natürlich auch der finanzielle Aspekt geprüft werden. Vieles ist nicht mehr so möglich, wie es vor 10 Jahren war. Es ist noch keine definitive Tour, wie zum Beispiel damals mit Symphoy X, mit einer anderen Band als Support oder als Package geplant. Wir stehen natürlich mit Agenturen im Kontakt, aber es ist noch nichts unter Dach und Fach.
Jogi:Ihr seid ja unlängst in der Szene anerkannte Musiker. Da mir gerade die neue Platte von Ian Parry „Visons“ einfällt, auf der Musiker von Vanden Plas auch kräftig mitgewirkt haben. Gibt es kurzfristige Planungen an gemeinsamen Aufnahmen mit anderen Musikern, wo wir Euch auch hören werden?
Andreas: Es ist ja so, dass eigentlich alle Instrumentalisten von uns auch auf anderen Platten zu hören sind. Stephan und Günter spielten ja bei Ian Parry`s „Consortium Project“, Günter ist mit Kamelot unterwegs, ich selbst habe ja auch die Abydos-Platte mit eingespielt und auch etwas für die Skandinavier „Section A“ gemacht. Es ist halt immer die Frage, ob dies groß publik wird. Die Sache von Günter mit Kamelot ist sicherlich mit die größte Sache, die nebenher läuft, denn Kamelot ist ja wirklich inzwischen eine angesagte Band und das erweckt natürlich die größte Aufmerksamkeit. Wir machen solche Projekte eigentlich nur, wenn wir gebraucht werden, denn die festen Line Ups bestehen ja im Grunde genommen. Wenn wir mit anderen Musikern Aufnahmen machen, handelt es sich um sog. „Projectbands“. Diese sind halt meistens nicht so erfolgreich und kommen auch in den Magazinen nicht so oft zur Sprache.
Jogi: Der Metal ist ja nun schon seit vielen Jahren in, und hat auch eine große Fangemeinde. In Sachen progressiver Musik sieht es etwas anders aus. Wenn ich aber so beobachte, dass in der letzten Zeit vermehrt Bands auftauchen, die sog. „Prog.-Metal“ spielen, könnte man den Eindruck gewinnen, dass zumindest progressive Einflüsse in der Musik momentan einen kleinen „Hype“ erleben, bzw. besonders „in“ sind. Seht Ihr das ähnlich oder habt Ihr einen anderen Eindruck?
Andreas: Ja, irgendwie stimmt das schon, aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich etwas mit „in-sein“ zu tun hat. Es ist einfach so, dass die Qualität der einzelnen. Musiker immer besser wird. Dabei ist es egal, ob sie in einer reinen Metal-, Trash- oder Death-Metal-Band spielen. Jeder einzelne Musiker möchte, egal wo er spielt, irgendwann einmal zeigen, was er kann. Und das wird dann oft in einem progressiven Element verwirklicht. Ob das nun ein sog. „Hype“ ist, weiß ich nicht. Wenn man in der Zeit zurückschaut, dann stellt man ja fest, dass es diese ganzen Sachen schon vor 30 Jahren gab. Da gab es Bands wie Kansas und Yes, die ja auch schwer progressiv waren, aber die nicht diese metallischen Sounds gefahren haben.
Die ganzen Prog.-Bands, die jetzt am Start sind, die erfinden ja nicht das Rad neu. Man hat nur inzwischen vergessen, dass es das, wie gesagt, vor 30 Jahren schon einmal gab. Ich tue mich schwer, dass ganze zu kategorisieren. Ich empfinde uns selbst als eine Rockband und es heißt halt immer, dass wir Prog.-Metal spielen. Ich denke, dass uns die Presse diesen Stempel aufgedrückt hat, wir selbst haben einfach immer die Musik gespielt, die uns Spaß macht und selbst am wenigsten behauptet, dass wir Prog.-Metal spielen. Ich glaube, dass die Bands, die heute Metal machen, einfach Spaß an ihrem Instrument, und das sie das Qualitätsniveau gesteigert haben. Deswegen ist das dann oftmals nicht mehr einfacher Metal, sondern eben Prog.-Metal. Vielleicht hat es diese musikalische Qualität vor 10 Jahren im Bereich Metal noch nicht gegeben. Wenn wir selbst komponieren, dann ist das Ergebnis einfach das, was uns Spaß macht.
Jogi: Andreas, ich danke Dir für das ausführliche Gespräch und wünsche Dir und der gesamten Band viel Erfolg mit Eurem neuen Album.
Diskographie:
1994 Colour Temple
1996 AcCult (Acoustic-EP)
1997 The god thing
1999 Far of grace
2000 Spirit of live
2002 Beyound daylight
2006 Christ 0
http://www.vandenplas.de/
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Gruß Jogi
Wenn nicht hier, dann in
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